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Einstweilige Unterbringung eines 31jährigen Mannes in einem psychiatrischen Krankenhaus wegen des dringenden Tatverdachts der Tötung eines 16jährigen ukrainischen Mädchens

Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Göttingen vom 29.08.2025


Im Fall des im Bahnhof von Friedland getöteten 16jährigen Mädchens (vgl. Pressemitteilung der Polizeiinspektion Göttingen vom 12.08.2025) hat es am heutigen Tage eine Festnahme gegeben. Ein 31 Jahre alter Mann mit irakischer Staatsangehörigkeit ist dringend verdächtig, am 11.08.2025 gegen 16:00 Uhr die Auszubildende vorsätzlich gegen einen mit ca. 100 km/h durch den Bahnhof fahrenden Güterzug gestoßen und dadurch getötet zu haben. Kurze Zeit vor der Tat war die Polizei mit dem Hinweis zum Bahnhof gerufen worden, dass dort eine männliche Person randaliere. Nach dem Eintreffen erblickten sie vor dem Bahnhof Friedland drei Personen. Das Aussehen von einer der drei Personen - hierbei handelte es sich um den Beschuldigten - entsprach der Personenbeschreibung. Die Situation wirkte weder aufgeregt noch bedrohlich. Als sich die Beamten der Personengruppe näherten, sprach der 31jährige Iraker diese an und führte sie zu einem Bahnsteig des Bahnhofs. Dort fanden die Polizisten den Leichnam der 16jährigen auf dem Bahnsteig liegend. Der Beschuldigte behauptete gegenüber den Beamten, er habe die Verstorbene auf dem Bahnsteig liegen gesehen. Die Begehung der Tat räumte er nicht ein. Ein Alkoholtest auf freiwilliger Basis ergab eine Atemalkoholkonzentration von 1,35 g o/oo. Nach Durchführung polizeilicher Maßnahmen wurde der Beschuldigte aus dem polizeilichen Gewahrsam entlassen, da Beweismittel für einen dringenden Tatverdacht zu diesem Zeitpunkt nicht vorhanden waren. Der Gleisbereich des Bahnhofs ist nicht kameraüberwacht.

Gegen 18:40 Uhr kam es zu einem aggressiven Verhalten des Beschuldigten in den Einrichtungen der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen in Friedland. Dies führte dazu, dass der Beschuldigte in das Asklepios Fachklinikum verbracht wurde, wo er sich bis zum heutigen Tage aufhielt. Gleich am Folgetag richtete die Polizei Göttingen eine Mordkommission ein.

Die zwischenzeitlich vom Landeskriminalamt Niedersachsen durchgeführten DNA-Untersuchungen ergaben, dass sich an der rechten Schulter der Getöteten eindeutig DNA-Spuren des Beschuldigten befanden. Sofort nach dem Bekanntwerden der neuen Erkenntnisse unterrichtete die Polizei die bereits zu Beginn der Ermittlungen involvierte Staatsanwaltschaft. Der Beschuldigte wurde daraufhin heute vom Ermittlungsrichter und dem zuständigen Staatsanwalt in dem Asklepios Fachklinikum aufgesucht. Er hat von seinem Recht Gebrauch gemacht, sich nicht zur Sache zu äußern. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft erließ der Ermittlungsrichter einen Unterbringungsbefehl wegen des dringenden Verdachts des Totschlags. Es besteht der Haftgrund der Fluchtgefahr. Ob der Beschuldigte im Falle eines Schuldnachweises zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wird oder stattdessen eine Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik angeordnet wird, kann derzeit noch nicht mit Sicherheit gesagt werden.

Der Beschuldigte wurde erstmalig am 13.08.2022 von der Bundespolizei im Hauptbahnhof in Braunschweig angetroffen und einer Personenkontrolle unterzogen. In diesem Zusammenhang äußerte er ein Asylbegehren. Sein Asylantrag wurde am 15.12.2022 als unzulässig abgelehnt und die Abschiebung nach Litauen angeordnet. Die Klage des Beschuldigten gegen diese Entscheidung wurde durch Urteil des Verwaltungsgerichts Göttingen vom 10.02.2025 zurückgewiesen. Die Abschiebeanordnung nach Litauen ist seit dem 18.03.2025 vollstreckbar. Nachdem der Beschuldigte zwischenzeitlich unbekannten Aufenthalts war, verbüßte er ab dem 01.07.2025 eine 20-tägige Ersatzfreiheitsstrafe in der Justizvollzugsanstalt Hannover, da er eine Geldstrafe nicht bezahlt hatte.

Nachdem die Ausländerbehörde von der Inhaftierung des 31jährigen erfahren hatte, stellte sie am 16.07.2025 beim Amtsgericht einen Antrag auf Anordnung der Abschiebehaft. Das Amtsgericht Hannover lehnte jedoch durch Beschluss vom 17.07.2025 die Anordnung ab. Zur Begründung führte das Gericht aus, die Darlegungen der Landesaufnahmebehörde genügten nicht, um den Haftgrund der erheblichen Fluchtgefahr zu begründen. Dem Betroffenen sei keine Ausreisefrist gesetzt worden.

Am 22.07.2025 meldete sich der Beschuldigte erneut als Asylsuchender in der Landesaufnahmebehörde Friedland. Einer daraufhin erfolgten Vorladung leistete er keine Folge.

Die Pressehoheit ob liegt in diesem Verfahren nunmehr der Staatsanwaltschaft Göttingen.

Hinweis:
Eine Unterbringung nach § 126 a StPO bedeutet die einstweilige Unterbringung einer Person in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt, wenn dringende Gründe vorliegen, dass sie eine Straftat im Zustand der Schuldunfähigkeit oder verminderten Schuldfähigkeit begangen hat. Außerdem muss eine dauerhafte Unterbringung zu erwarten sein und die öffentliche Sicherheit diese erfordern. Es handelt sich um eine vorläufige Maßnahme. Sofern sich im Laufe des Ermittlungsverfahrens herausstellt, dass eine nach § 126 a StPO untergebrachte Person voll schuldfähig ist, wird der Unterbringungsbefehl in einen Haftbefehl umgewandelt und die Person in eine Haftanstalt verlegt.

Der Beschuldigte zeigte am Tattag diverse psychische Auffälligkeiten. Bei ihm wurde bereits in der Vergangenheit eine paranoide Schizophrenie diagnostiziert.

Buick

Oberstaatsanwalt


Artikel-Informationen

erstellt am:
01.09.2025

Ansprechpartner/in:
Oberstaatsanwalt Andreas Buick

Staatsanwaltschaft Göttingen
Pressesprecher
Waageplatz 7
37073 Göttingen
Tel: 0551/403-1605

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